Sonntag, 19. Juli 2015

Vom Fliegen

'Über den Wolken' von Reinhard Mey mag für den einen oder anderen eine Schmonzette sein. Über Musikgeschmack lässt sich ja vortrefflich streiten.

Und dennoch kommt uns allen dieser Song wohl in den Sinn, wenn wir in einem Flugzeug sitzend gerade die Wolkendecke unter uns zurück gelassen haben und nur noch Horizont und Weite und dieses seltsam warm anmutende Sonnenlicht sehen.

Hier oben ist sie wirklich grenzenlos, die Freiheit. Auch die meiner Gedanken.
Alles scheint soviel leichter sein. Als wäre ich aus der Zeit genommen worden.
Ich sitze in Reihe 25 am Fenster, habe -eigentlich keine besondere Erwähnung wert- Musik auf den Ohren und schaue mir dieses unfassbare Wolkenspektakel unter mir an.

Die Abendsonne dieses warmen Sommertages bricht sich auf den Flügeln des Airbus A320 und um nicht geblendet zu werden, schließe ich die Augen. Lasse die Musik den Rest machen und bin auf einmal vollkommen ruhig.

Handy und Tablet sind im Flugmodus.

Und überhaupt, beim Blick auf die anderen Flugpassagiere fällt mir auf, dass überdurchschnittlich viel bedrucktes Papier in den Händen gehalten wird. Zeitungen, Zeitschriften, ganze Bücher sogar.
Einige dösen ein wenig, gesprochen wird nur sehr vereinzelt und wenn, dann nur sehr gedämpft.
Aber wissen Sie, was am meisten auffällt? Alle widmen sich nur einer einzigen Sache. Niemand ist im Multitasking Modus, niemand wirkt gestresst. Wir sitzen alle hier und genießen die Zeit, diese geschenkte Zeit, da wir sowieso nichts tun können. Das Fliegen ist dem Piloten vorbehalten. 'Wenn ich schon nichts tun kann, mach ich doch einfach wonach mir ist', so scheinen die meisten zu denken. Ich lächle und der Mittvierziger neben mir lächelt ebenfalls, kurzes Anschauen, breiteres Lächeln. Man versteht sich.

Und als ich wieder aus dem Fenster schaue, ist da ein winziger Ausschnitt eines Regenbogens.  Nur einen Moment, bevor wir auf dem Sinkflug die Wolkendecke durchbrechen.
Und ja...diesen Post habe ich erst nach der Landung geschrieben...denn da oben war ich mit Staunen beschäftigt. Mit ungläubigem Staunen über die Einfachheit der Dinge und wie gut es sich anfühlt mal nur eine Sache zu machen.

Aus der Zeit genommen, auf über 10.000 Metern über allem, was wir für wichtig und unverzichtbar halten.
Mal was anderes: Jemand Lust auf einen Langstreckenflug?